Santiago di Compostella

Santiago di Compostella

2020-10-02 Aus Von Scheitzi

30.09.2020 – 1.10.2020

Nachdem ich Valdovino den Rücken gekehrt hatte, mich beeindruckten die aufkommenden Wolken und der damit verbundene Niederschlag, verließ ich diesen echt geilen und anständig holländisch teueren Campingplatz. Ich machte mich auf nach Santiago die Compostella.

Mein neuer Reisestil setzte sich immer weiter durch: keine Maudstraßen! Die Google Tante vom Navi wollte oder will(?) mir diese Strategie immer wieder verderben, indem sie mich doch so enge Straßen schickt, das selbst eingefleischte Englandfahrer hier die Augenbraue liften. Aber man kommt durch.

Santiago. Extra nochmal angespornt durch die vielen Camino Schilder und rucksackbepackten Wanderer freute ich mich schon auf dieses Ziel. Es gab auch einen Campingplatz und ich dachte, da wird es bestimmt eng. Nix da. Corona und Herbst, als Gott, ne Göttin „Herona“hatte wieder volle Arbeit geleistet. Die Bürgersteige alle oben. Nix los auf dem Platz. Ok. Wahrscheinlich sind die Pilger alle in Herbergen, wie früher, oder wie man heute sagt: in „Hostels“ unter gekommen.

eigentlich waren hier 4 Kneipen…

Egal. Die Kapelle vom heiligen Jacob schaue ich mir auf jeden Fall an, bevor das Wasser aus den Wolken fällt. (Inzwischen habe ich endlich eine App gefunden, die tatsächlich wirklich zuverlässige Vorhersagen macht.)

Auf dem Platz kam ich mit einem Paar mit Sohn ins Gespräch. Sie genossen ihre Elternzeit. Sie wollten unbedingt mit dem Lütten in die Kathedrale. Wenn sie schon einmal da wären, dann sollte ihr kleiner Jakob doch auch und die von Jakob gegründete Kirche… Aber erzählen wollte ich was anderes: sie waren ca. 2 Tage vor mir in Valdovino gewesen. Hatten erst auch den Campingplatz nicht ernst genommen. Sind dann aber doch einmal ganz drauf gefahren und waren die absolut einzigen Gäste. so wie ich. und auch mein Erstaunen über den teuersten Platz Spaniens konnten sie mit einem Schulterzucken bestätigen.

damit man das mal behält, wie der Platz heißt…

Zurück zu meinen Erlebnissen und Gedanken.

Da es, wie ich schon sehen konnte, alte Straßen mit alten Steinen und viel hoch und runter gab, wollte ich extra schlau sein, und zog mir sonne Art Sneaker an. Fehler der Woche, kann ich nur sagen. Ich glaub keiner von den anwesenden Pilgern hat so schnell ei solch vollendete Blase gelaufen. Welch ein Scheiß. Ich hatte nicht berücksichtigt, dass ich seit Monaten nur noch in Flip-Flops laufe. Meine Füße wollten keine anderen Schuhe. Sie weigerten sich regelrecht und zeigten dies durch abgefallenen Haut und Blut… lassen wir das Thema.

mein Leidensweg: kaum gelaufen, schon ’ne Blase…

Die Stadt beeindruckte mich durch „viel“ & „wenig“: Viel Camino und Muschel und wenig Pilger, (hatte ich anders erwartet), viel Schnickes-Lädchen mit wenig Besuchern, die so wohl auf ihren Devotionalien sitzen blieben. Viele Restaurants mit wenig besetzten Stühlen. Aber am auffälligsten war: viele Gerüste, oder nur Gerüste, die Jakob’s Kathedrale innen wie außen versteckte. Sagen wir mal so: ich war ein bißchen enttäuscht. Die heilige Hütte wurde restauriert und soll im Dezember fertig werden. Glaub ich genauso wenig, wie die alten Ankündigungen zur Fertigstellung des Berliner Flughafens…

Trotzdem: die Kathedrale und die ganzen anderen Bauten sind schon der Hammer. Wirklich beeindruckend, das Menschen in der Lage waren zu bauen. Ohne moderne Technik. So viel Reichtum spiegelt sich hier. So viel Arbeit versteckt sich in den Statuen, Skulpturen, Fenstern, Simsen, Säulen und was weiß ich nicht alles. Jeder dieser Steine mit Hammer und Meißel gehauen. Eine unvorstellbar lange Bauzeit Jahrzehnt um Jahrzehnt vergingen. 

Anerrerseits: da geht die Kirche hin, baut solche Prestigeobjekte zu Ehren des Herrn und auf Kosten der Bevölkerung, der Armen, der, die eh wenig hatten. Das wiederum ist genauso unglaublich. Sollte man mal drüber nachdenken und nicht nur immer bewundern…

Als ich mich dann heute aufmachte, ihr wisst schon: Flucht vor Regen und Neugierde auf Portugal, sah ich noch was sehr bemerkenswertes: das neue Kulturzentrum von Santiago. Zum Teil noch im Bau befindlich, denke ich nicht, dass die Arbeiter dort so behandelt wurden wie die damals. Aber auch dieser Bau ein echter Hammer.