Surfen – ich gebe nicht auf. (4/6)

Surfen – ich gebe nicht auf. (4/6)

2020-11-29 Aus Von Scheitzi

Ericeira – eine Empfehlung von der Buddha Frau und dem Surf-Nomaden (4/6)

Die Unterkunft – das alte Hippie Camp

Ein neuer Spot, neue Eindrücke und neue Chancen, meine rote Rettungsinsel zu Wasser zu lassen, motivierten mich, Ericeira anzusteuern. Sowohl die Buddha Frau als auch der Surfnomade gaben eindeutige Empfehlungen ab: Ericeira die Perle unter den Küstenorten (Buddha) und da gibt es noch ein altes Hippie Camp im Hinterland (Nomade). Da wollte ich hin.

Die Koordinaten in mein zuverlässiges Navi eingegeben und Ericeira war schnell angesteuert. Das Hippie Camp nicht. Das lag etwas abseits. In einem Tal. Mit Flüsschen. Und Mücken. Gefunden hatte die Zufahrt mein geschultes Auge: handgemalte Schilder mit „Yoga“ drauf nicht größer als ein DinA4 Blatt, wiesen eindeutig in die richtige Richtung. Ich folgte der steilen und 1/2-spurigen Abfahrt und landete bei einer alten Ruine, oder verfallener Bauernhof oder so ähnlich. Aber die angrenzende Wiese zeigte eindeutig menschliche Lebensspuren: kleines Zelt, Wäscheleine zwischen Obstbäumen, Reifenspuren, …

Und schon kam auch eine nette Frau, vielleicht 25-30 Jahre, die mich dann auch einlud, mir das Anwesen anzusehen. War alles da: Komposttoilette, Dusche, Gemeinschaftsküche und Partyraum, Stellplätze im hohen Gras auf Zuweisung, Miniramp, Sitzgelegenheiten, …


Alles war in einem gebrauchsfähigen Zustand, ich musste nur meine Ansprüche einfach überprüfen und reduzieren.
Toilette: man merkte, über den Reinigungszyklus wurde bestimmt schon 1/2 Jahr ohne Ergebnis debatiert, während die Fliegen schon wegen Überbevölkerung ausschwirrten, um eine neue Heimat zu finden. Die Dusche hatte keine innenliegende Badematte in der freistehenden Wanne, musste ich feststellen. Es waren nur die Haare vieler Vorduscher. Auch das morsche Holz oder das undichte Dach waren nicht wirklich von Bedeutung, da man bei dem kalten Wasser eh nicht lange dort bleiben wollte. Die Küche überforderte mich auch etwas. Ich verstand weder das Wasser-, Elektro-, noch das Reinigungskonzept und so entschied ich mich die Küche nur für Konversation im Sitzen oder Stehen zu nutzen.

das größte Apartment in freier Verwaltung…

Aber Materielles zählt nicht so viel, wie die netten Leute dort. Philip aus Deutschland, zur Zeit arbeitslos, weil er seine Seifenproduktion nicht mehr auf Weihnachtsmärkten an den Man/die Frau bringen konnte, hatte sich irgendwoher einen Trailer besorgt, und baute darauf eine Hütte für den Winter. Mobil – meinte er – weil er die dann vielleicht auch woanders hinziehen wollte. Er war fleißig und erfahren, wie mir schien, und besorgte sich immer wieder Holz und verarbeitete alles nach Auge und ohne Plan (oder er hatte ihn einfach nur im Kopf). Respekt. Ich mache immer Pläne bei solchen Bauvorhaben. Nach 3 Tagen war auch alles gut fertig. Wände dran, Fenster drin, aber das Dach würde ich nicht mehr erleben…
Auf meine Frage wo er denn den Wagen vom Gelände ziehen wolle, stutzte er einen Augenblick, überlegte, und meinte dann: dann bleibt er eben hier stehen. Die einzige Zufahrt war zu eng und klein…

Joachim, oder besser „Joakhiem“, wie der Argentinische, 30-jährige Besitzer der Anlage heißt, baute auch an einer Bleibe. Camper Van. Er war noch beim Entrosten und entschied bei komplizierten Ecken, es mit Rostumwandler und Farbe zu regeln. Bürsten und schrubben war nicht gerade angenehm…
Er hatte auch den ganzen Tag eine Tasse Tee mit Strohalm dabei und führte sich ausreichend Flüssigkeit zu. Dachte ich. Es war aber irgendwas mit Cannabis. Warum nicht.

An meinem 2ten Abend stellte sich der ganze Stellplatz mit Autos zu. Einer der Campgäste schmiss eine Party. Ich war zu Partybeginn auch in der „offenen Küche“. Die Musik war gut, verschieden Hunde hatten die Sofas vorgewärmt, und als Gastgeschenk gab es dann auch den ein und anderen Klumpen Dope. Ein Österreicher, der jetzt nach dem Jacobsweg schon 5 Jahre unterwegs war, sich zwischendurch nach Brasilien verlaufen hatte, weil er einer Frau folgte und jetzt in Portugal überwintern wollte, hatte besonders viel lustige Freude an dem übergroßen Klumpen, den er verschenkte. Er kicherte konstant und war dabei sehr cool…
Da es dann irgendwie für mich immer weniger passte, sich nicht stimmig anfühlte, verließ ich die Party und freute mich schon beim Aufbruch auf den Bulli.

hinten links der Stellplatz mit dem roten Surfboard

4 Nächte blieb ich dort. Vollkommen ok. Ich weiß es deshalb so genau, weil ich „Joakhiem“, der auch surfte, wie einige andere dort auch, 40 Euro gab.

Aber ich war ja nicht wegen der neuen Althippies hier. Ich wollte Surfen lernen. Frithjov war die Adresse, die in Ericeira für mich bestimmt war. Ich traf ihn dann auch gleich am Ersten Tag gegen frühen Nachmittag am Spot. Er wollte mich sofort mitnehmen, aber das war mir zu spontan. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Aber noch am Abend bekam ich eine Nachricht: zu hohe Wellen. Surfen in Ericeira und „umzu“ nicht möglich. Diese Nachricht erhielt ich an weiteren Tagen. So hatte ich Zeit Fotos von der Ursache, zu hohe Wellen, zu machen und das Städtchen etwas zu erkunden.

Bevor ich abreiste, hatte ich genau 0 Stunden gesurft. Fridhjov hatte dann auch angekündigt, dass er zu Freunden nach Nazare fahren wolle, weil dort in einigen Tagen große Wellen erwartet würden.

Ich machte mich dann wieder auf, Neues zu erkunden… Vila Nova de Milfontes…