Ein kleines Erlebnis

Ein kleines Erlebnis

2020-11-19 Aus Von Scheitzi

wie man etwas etwas geschenkt bekommt und gerne dafür bezahlt…

Ich weiß nicht mehr, wann es war, nur noch wo. Annette und ich saßen nach einem vollen Tag des Rumlatschens und Erlebens und Genießens und Entscheidens in einer Bar am Duoro. Kennt ihr schon: Fluss in Porto. Wer keinen Kitsch mag, soll nun „weglesen“ oder schweigen: es war ein toller, nicht zu sagen geiler Sonnenuntergang. Die Sonne mogelte sich so gerade über die Häuser Richtung Duoro um dann da etwas später im Wasser zu verschwinden. Vor der Bar spielte wieder eine Künstlerin und ein Artistenpärchen kam ziemlich künstlerisch und athletisch rüber. Besonderes Ereignis: ein Hund, der anfangs in die Show integriert war. Alles ein voll geiles, kitschiges Setup – aber einfach gut. Und weil es so gut war, hab ich keine Fotos gemacht.

Aber das tut auch alles nix zur eigentlichen Sache – ich wollte was anderes erzählen.

Es kam ein Straßenverkäufer auf uns zu. Hielt uns Armbänder hin. Und wir, wissend, was auf uns zukommen könnte, lehnten maximal ab. Der Typ gab aber nicht auf. Auf die Frage, wo wir herkämen, antworteten wir „Deutschland“ und dann“ smalltalkten“ wir. Und er wusste: jetzt hab ich sie. Und wir wussten: das noch nicht. Aber es bestand keine Chance: wir hatten bereits verloren.

Mit ausgefeilten Sprachkenntnissen wie „gutten Tagk“ gewann er mehr Zeit und Sympathie. Er legte noch ein zweites Armband für uns hin, und meinte, die wolle er uns schenken, weil wir soooo nett seien. Und ob wir Kinder hätten. Ja klar 6 zusammen. Und schon lagen da 6 weitere wunderschönes „Plastikkram“ Armbänder auf dem Tisch, sowie die Information, dass seine Frau gerade vor 3 Tagen ein Baby bekommen habe. Die Armbänder für die Kids konnten wir zurückgeben, mit der Begründung, dass unsere Kinder die auf keinen Fall tragen würden. Puh – hat er akzeptiert und so gerieten wir nicht zu tief in seine Schuld. Aber unsere Armbänder, die wollte er auf keinen Fall zurück nehmen, sie wären ein Geschenk, was Annette und ich dann auch demütig akzeptierten, um unseren neuen, sympathischen Jungvater-Freund nicht zu enttäuschen.
Er machte schon Anstalten zu gehen, doch bevor er dies tatsächlich tat, frug er mit einem traurigen Kleinhundeblick, nicht ohne noch einmal darauf hin zu weisen, dass gerade jetzt während der Covid Seuche, es so schwer ist, das Einkommen für sein Baby und seine Frau sicherzustellen, ob wir ihn für sein Baby nicht etwas unterstützen könnten?!

Game Over! Sieg für ihn!

Wir gaben 5 Euro für die beiden Armbänder. Ich fühlte mich irgendwie schön ausgetrickst, weiß nicht, wie es Annette ging, aber beide waren wir uns einig: der Kollege versteht sein Handwerk.

Und so waren wir um diese Straßenverkäufer-Erfahrung reicher, um eine Erinnerung an einen tolle Atmosphäre reicher, und zusätzlich waren wir auch um das Wissen bereichert, wie schlecht Caipirinha schmecken kann.

Ich liebe solche Erfahrungen. Sie werden Geschichte.