Porto Insights 2/3

Porto Insights 2/3

2020-11-11 Aus Von Scheitzi

Der Fischer und kein Fisch…

… aber wir waren an der Angel

Annette und ich können auch planen. Und so planten wir, Porto vom Boot aus zu sehen und nicht vom TukTuk oder anderen touristischen Fort(un)bewegungsmitteln.
Die einschlägigen Geheimtipps der besten Touren auf dem Wasser fanden wir schrill blinkend auf der ersten Antwortseite von Google und sofort wussten wir: die nicht!

Aber unser Interesse war vom „Fisherman“, den wir irgendwo im Gewimmel unendlicher „unvergesslicher Erlebnisse“ entdeckten, geweckt. Eine Douro Tour mit dem Fisherman war dann auch modern flott online gebucht und bezahlt. Airbnb – sei Dank.

Annedde und ich, wieder einmal zufrieden mit unserer zu erwartender Tagesgestaltung, würden am nächsten Tag die Bootstour von einem kleinen Hafen flussaufwärts starten. Zu unserer Freude würden wir die einzigen Touris auf dem Fisherboot sein. Alles perfekt schien es…

Planungsstrategisch unklug war es, wie sich herausstellen sollte, das kleine „Häfchen“ flussaufwärts nicht genauer zu recherchieren…
Anfänglich fasziniert von unserer Umgebung, machte wir uns forsch zum Hafen auf. Wir genossen die Umgebung und nutzten aber auch schon, ob des steilen Zick-Zack-Weges, jede Fotosession für eine kleine unbemerkte Rast…

noch genießt sie…
noch nicht weit gekommen aber schon viel gelaufen…

Goo-gle – in der original Übersetzung, abgeleitet von „Go(o) Gla(e)diator“(denn nur Gladiatoren können den Weg meistern) – zeigte uns freundlich aber unmissverständlich den Weg. Annette forschen Schrittes und ich schon munter trällernd „unter ’sähex‘ Brücken musst du gehen, um endlich den Fisherman zu sehen“, (in Anlehnung an den weltberühmten Karat-Song) erkämpften wir uns wie die Gladiatoren jeden Meter des knapp 6Km entfernten Zieles. Annette ich konnten uns zuletzt immer wieder aufmuntern mit „ist nicht mehr weit, nur noch eine Brücke“ und wieder waren Meter geschafft.
Doch die Hunger-Ast macht sich breit wie ein Virus, der alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Wie stark diese „Ast“ war, kann der einschätzen, der Annettes tiefe Abneigung zu Coca Cola kennt. Auf diesem Weg liebte sie aber den Stoff der Brennstoff und Auf-Putsch versprach. Ich gönnte mir die zuckerfreie Fantavariante (habe Brennstoffvoräte oberhalb des Hosenbundes) und erbeutete an der Tanke auch noch ein geiles süsses Teilchen: Annette überließ mir gerne ihren Anteil und ich dann beide dem Mülleimer, der an eine Bushalte stand und mir den Vision auf eine Busfahrt vermittelte. Wie gesagt Vision – wir liefen weiter.

beschwingter Schritt…

Trotz aller Länge des Hinweges kamen wir rechtzeitig an und zwar so, dass auch noch ein Kaffee Zeit fand, uns innerlich zu stärken.
Und dann stand er da: der Fisherman, der seinen Beruf dran gab, um Touristen seine Lebensader, den Douro, näher zu bringen. Gestählt von Wind, Wetter und der rauhen See, mit seinem erbrobten Boot und dem untrüglichen Anzeichen des echten Seebären: einem Süd-Wester von Tatonka. Und nett war/ist er, der Fisherman.

So stiegen Annette und ich vertrauensvoll in sein plastik Boot mit 2 Sitzsäcken und ließen uns seine Welt erklären. Er stand auf Brücken, obwohl er drunter herfuhr, wusste Geschichten von Weltruhm zu erzählen und gab so einen interessanten Tourguide.

schon mal 3 Brücken…

Auf dem Bild oben sieht man 3 Brücken:
1. vorne: „Ponte São João“. Sie ist eine Weltrekordbrücke, wusste der Fisherman zu berichten. Eine gerade Röhre, die die längste sein soll. Und aus der ganzen Welt kommen die Architekten, um dieses Wunderbauwerk aus der Nähe zu studieren.
2. dahinter: Ponte Maria Pia. Das ist die wirkliche Gustave Eiffel Brücke. Heute still gelegt, weil sie keiner anstreichen will. Maria Pia war die Gattin von irgendeinen Louis König und hat die Brücke um 1870(?) eingeweiht.
3. die letzte Brücke auf dem Bild: Ponte do Infante de Hendrique.
Sie wurde nach Henrik dem Seefahrer (nein, nicht der aus Berlin) aus Porto benannt, weil der Afrikas Küsten „erforschte“ und so Portugal als Seefahrer-Nation groß machte. So wie unseren Fisherman…
4. Da folgt dann die Dom Louis I, DAS Wahrzeichen Portos, wo ich schon in einem früheren Artikel mit ausgefeiltem Wissen glänzen konnte.
5.dann die letzte Brücke vorm offenen Ozean: Ponte da Arrábida. Auch eine Weltrekordbrücke für Stahlbetonbauweise. Ein knapp 500 Meter lang und 70m(?) hoch. Auf jeden Fall auch ein dolles Ding meinte der Fisherman.
6. und der Vollständigkeit halber: es gibt noch die Ponte do Freixo, eine fette Autobahnbrücke mit 8 Spuren

Genug der Brücken. Zurück zu Porto. Ich finde, die Bilder zeigen wie schön es vom Wasser ausaussehen kann…

Auf dem Boot ging es hoch her. In bester Partylaune klemmte der Skipper seine Kenwood Musicbox in der Größe einer Zigarettenschachtel zwischen Annette und mir, kredenzte uns Nüsschen und Port. Dieser war, zugegebenermaßen wirklich besser, als das, was wir im Buddha Haus trinken durften. Und der Fisherman wusste Geschichten von seinem Freund zu erzählen, der diesen einmaligen Tropfen, der hunderte von Euro kosten würde, wäre er denn frei erhältlich, herstellte, dass ich zuletzt glaubte dass alles andere Fake wäre und dieser 200 Jahre alte Tropfen die Glückseligkeit bringen sollte.

Berührt hat mich der Moment, als ich sah, dass es Annette sehr Nahe ging, hinaus auf das offenen Meer zu fahren. Sie hatte ein solches Erlebnis so in dieser Form noch nicht machen dürfen und war schier ergriffen von der Weite, der Tiefe und dem sanften Bewegungen des mächtigen Ozeans.

Und danach ging es dann etwas komisch weiter, sagen wir mal.
Der Skipper bot uns an, uns überall absetzen zu wollen. Aber empfehlen würde er uns einen kleinen Fischerhafen, an dem es ein kleines ursprüngliches Restaurant gab. Alles original und lecker und fangfrisch. So richtig auf die Uhrzeit haben wir nichtgeschaut, Annette und ich. Der Skipper legte wieder ab und wir waren nicht im Fisch-Schlemmer-Paradies, sondern in der Touristenhölle. Alle Läden zu. Auch Kaffee-Buden. Nix offen. Schon gar nicht der weltbeste Fischschuppen. Wir suchten und fanden… nichts. Dann suchten wir und fanden… kein Taxi. Wir suchten und fanden… keinen Bus. Zunächst einmal. Aber dann entdeckten wir ihn, den Lebensretter: ein Busfahrer, mit Bus, der zu all unseren Richtungsfragen wohlwollend nickte. Und wir wollten ihm einfach glauben. Wir stiegen ein und verließen diesen doofen, unwirtlichen Ort und ließen leider auch etwas gute Laune und Wohlwollen für den Skipper dort zurück. Es war irgendwie um 4 Uhr herum, wo jeder weiß: da sind die Läden zu… hätten wir uns auch selber denken können.

Die Rückfahrt mit dem Bus verlief intensiv. wir fuhren in die falsche Richtung ab. Zunächst aber nur, dann wieder zurück, und hin und her. Touri-Tour durch Wohngebiete mit Hochhäusern, sehr interessant. Hügel hoch. Hügel runter. Laune auch runter. Aber dann, ich hatte inzwischen mit dem restlichen Energievorrat des Handys Sheriff Google aktiviert, bewegte der Busfahrer seine Karre Richtung Porto Ponte Luís I und wir waren gerettet.

Das Ende einer Odyssee.

Wir gönnten uns noch einige attraktive Momente von ganz oben auf der Brücke und konnten den Tag mit seinen vielen Eindrücken am am Abend mit einem Essen in einer uns bekannten Bar abschließen.